Infos zum Ablauf der Festnahme und der Hausdurchsuchung am 6. Juli 2023

Wie bereits bekannt wurde, gab es erneut Maßnahmen im Zuge der Ermittlungen im Antifa-Ost Verfahren in Leipzig. Wir wollen noch einmal auf die genauen Abläufe der Maßnahmen eingehen und diese Teilen.

 

Zur Festnahme:

Der Beschuldigte wude gegen 9:55 Uhr an der Tramhaltestelle des Leipziger Hauptbahnhofs festgenommen. Zuvor hatte er dort erstmals sein Handy aus der Tasche genommen, um dieses anzuschalten. Etwa 30 Sekunden nach Eingabe des Passworts wurde er von mehreren MEK-Cops überwältigt und unter „Polizei“-Rufen am Boden fixiert. Das Handy konnte er währenddessen wieder ausschalten. Auf dem Parkplatz neben der Westhalle wurde ihm von Komissarin Zerbst (zuständig im Polizeilichen Terrorismus Abwehrzentrums (PTAZ) des LKA5 und der Soko LinX) mitegeteilt, dass er festgenommen sei und der Grund für die Maßnahme erst nach einer Fahrt in die Wohnung eröffnet werde.

Anschließend wurde er in einer Wanne zu seiner Wohnung gefahren. Dort warteten bereits weitere vermummte und bewaffnete Beamte der BFE und vom LKA. Unter ihnen Johannes „Rennfahrer“ Junghanß, ebenfalls Soko LinX, der bereits bei früheren Razzien und im Dresdner Antifa Ost-Prozess als Zeuge aufgetreten ist.

Am morgen waren in der Nähe der Wohnung zwei Personen über einen längeren Zeitraum durch ihr Verhalten aufgefallen. Die Beschreibung passt auf die Beamten, die den Beschuldigten später am Bahnhof festnahmen. Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte bereits ab verlassen seiner Wohnung unter Observation stand.

 

Zur Hausdurchsuchung:

Um 11 Uhr begann schließlich die Hausdurchsuchung. Die Cops durchsuchten viele Stunden penibel das Zimmer des Beschuldigten und alle Gemeinschaftsräume inklusive des Kellers. Das Privatzimmer von Mitbewohnenden wurde unüblicherweise lediglich fotografiert und dann auf Druck des Beschuldigten verschlossen. Ein Beschluss zur Durchsuchung des KFZ des Beschuldigten lief ins Leere, da dieses nicht auffindbar war. Laut Beschluss sollte nach technischen Geräten und Datenträgern, Arbeitskleidung, Passwörtern, Hinweise zur Kommunikation und Finanzierung der „kriminellen Vereinigung“, Notizen, Miet- und Pachtverträgen, Schlüsseln und Simkarten gesucht werden.

Nach bereits 6-stündiger Durchsuchung fuhr die Soko Linx einen Datenträgerspürhund auf. Diesen ließen sie 40 Minuten in der Wohnung rumschnüffeln, bis er schließlich an einer Schublade anschlug und ein altes Handy zu Tage beförderte, dass die durchsuchenden Beamten offenbar übersehen hatten. Obwohl sie akribisch in Pflanzen herumwühlten, Mülleimer umkippten und minuziös jeden Gegenstand in Küche und Bad durchsuchten. Mitgenommen haben sie schließlich: Mobiltelefone, Laptops, Arbeitskleidung, Arbeitshandschuhe, eine dreistellige Geldsumme, Ordner mit persönlichen Dokumenten, Briefe, Tagebücher und Fotos. Besonderes Interesse galt zudem Behördenbriefen zu Ordnungswidrigkeiten, wie Parken im Halteverbot. Außerdem fotografierten sie politische Broschüren, Flyer, Sticker, T-Shirt-Aufdrucke und Poster. Die anwesende Zeugin und der Beschuldigte bestanden auf der Versiegelung des Tagebuchs, da dieses ohne gesonderten Beschluss nur von der Staatsanwaltschaft gelesen werden darf. Erst nach anwaltlichem Druck folgte Zersbt schließlich der Strafporzessordnung. Im Gegenzug erweiterte sie die abgeschlossene Asservatenliste um einen dreistelligen Geldbetrag, der zuvor nicht von Interesse gewesen war, in der letzten Minute aber doch noch konfisziert wurde.

Bis zum Ende der Hausdurchsuchung gaben die Bullen auch auf Nachfrage anwesende Anwält*innen keine Auskunft, ob weitere Beschlüsse gegen den Beschuldigten vorliegen. Um 18 Uhr legte Zerbst einen Beschluss zur DNA-Abnahme, sowie eine von Soko LinX selbstgefertigte Anordnung zu ED-Behandlung vor. Beschlüsse sehr kurzfristig mitzuteilen entspricht der Taktik der Cops. Damit wollen sie eine direkte Überprüfung ihres Handelns verhindern. Zum Bespiel durch ein Verwaltungsgericht, dass um 18 Uhr nicht mehr erreichbar ist. Die Soko LinX konnte den Beschuldigten fast ungestört mit in die Dimitroffwache nehmen.

Fast, denn die Temperaturen und die vielen solidarischen Menschen vor der Tür brachte die Bulleneskorte ganz schön ins Schwitzen, weswegen der Abtransport des Genossen einige Minuten dauerte und von nervösem Rumgerenne und Gerufe der Einsatzkräfte begleitet wurde. Sie schafften es jedoch nicht die solidarische Menge davon abzuhalten, dem Beschuldigten zu winken und die Wut über diese Maßnahme in Ausdruck zu bringen.

 

Zur DNA-Abnahme:

Auf der Dimitroff-Wache wurde der Beschuldigte zunächst ED-behandelt. Da sich der Beschuldigte bewusst war, dass keine Mitwirkungspflicht besteht, fand die ED-Behandlung unter Anwendung von Zwang statt. Er verweigerte weiterhin die DNA-Entnahme, weswegen ein Arzt geholt werden musste um – erneut ohne Mitwirkung des Beschuldigten – eine Blutprobe zu entnehmen. Das Prozedere dauerte ca. 2 Stunden.

 

Zur Solidarität:

Schon zu Beginn der Durchsuchung um 10 Uhr morgens versammelten sich eine Hand voll solidarischer Nachbar*innen, die dem erneuten Einmarsch der Polizei in Connewitz etwas entgegensetzen wollten. Innerhalb kurzer Zeit kamen um die 50 Menschen zusammen, die dem Betroffenen mit Musik beistanden und die Maßnahme von außen beobachteten. Nachdem der Beschuldigte nach der Maßnahme umringt von sechs Einsatzkräften in ein Polizeiauto verladen wurde – nicht ohne lauten Widerspruch und Solidaritätsrufe der Anwesenden – entschlossen sich einige vor der Dimitroffwache mit Musik auf die Freilassung des Beschuldigten zu warten, welche diesen nach 2 weiteren Stunden Maßnahme zur ED-Behandlung und DNA-Entnahme in Empfang nehmen konnten.

Am Abend zog eine Demonstration mit ca. 80 Teilnehmenden durch Connewitz und zeigte, dass Angriffe durch die Polizei nicht unbeantwortet bleiben!

Wir bedanken uns, dass an diesem Tag wieder einmal viele Menschen ihre Solidarität gegen die Repression gezeigt haben. Schon bei der Festnahme am Hauptbahnhof haben Menschen gefilmt und sich auch nicht durch Drohungen der Cops davon abbringen lassen.

Schaut also weiterhin nicht weg bei Repression, dokumentiert Festnahmen und Kontrollen, seid füreinander da und steht zusammen!

 

Nieder mit der Klassenjustiz – Freiheit und Glück für alle Antifaschist*innen

 

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