Linke Politik verteidigen! Solidarität mit den Betroffenen der Hausdurchsuchungen in Leipzig am 10.06.2020

Am 10.06.2020 gegen 6:00 Uhr in der Früh stürmten mit Maschinengewehren bewaffnete Polizist*innen von LKA bis BFE neun Wohnungen in Leipzig.


Im Nachfolgenden berichtet eine von den Repressionen betroffene Person von der Durchsuchung, den konkreten Vorwürfen und dem politischen Kontext, in den dieser Angriff eingeordnet werden muss.

Entgegen medialer Spekulationen und Behauptungen sind die Hausdurchsuchungen der sogenannten „Soko LinX“ nicht auf die jüngsten Ereignisse in Connewitz, nicht auf den Angriff gegen eine Prokuristin und auch nicht auf Baustellenbrände zurückzuführen.

Es handelt sich viel mehr um verschiedene und anders gelagerte Tatvorwürfe. Mir und vier weiteren Betroffenen wird konkret „erheblich schwerer Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in fünf tateinheitlichen Fällen“ vorgeworfen. Das heißt, uns wird von den Behörden unterstellt, wir hätten im Februar diesen Jahres fünf Rechte, die sich anscheinend auf der Rückreise aus Dresden befanden, am Bahnhof Wurzen attackiert und verletzt.

Die Begründung für den Durchsuchungsbeschluss und die DNA-Entnahme liest sich wie ein Flickenteppich, am Ende heißt es noch: alle (Beschuldigten) seien linkspolitisch motiviert.

Das reicht offenbar aus, dass vermummte Polizist*innen deine Wohnung stürmen und dich sprichwörtlich aus dem Bett holen dürfen, gefolgt vom stundenlangen Durchwühlen deiner Privatsphäre und dem anschließenden gezielten In Beschlag nehmen deiner Habseligkeiten. Währenddessen sitzt du in Unterwäsche in der eigenen Wohnung, zwei vermummte Polizeibeamte lassen dich nicht aus den Augen und bewachen dich sogar im Bad bei deinem Toilettengang. Schlussendlich wirst du nach Stunden fixiert aus der Wohnung geführt und gezwungen, auf dem Polizeirevier eine ED-Behandlung und DNA-Entnahme durchführen zu lassen.

Was soll das alles? Seit Jahren greifen staatliche Behörden immer wieder linke Strukturen in Leipzig an. Dabei geht es für die Ermittler*innen mal um eine ominöse „Antifa-Sportgruppe“, mal um eine ebenfalls ominöse „Kiezmiliz“ oder es sind dann linke Fußballfans, die in den Fokus der Behörden geraten.

Allein in Leipzig gab es in den vergangenen Jahren drei 129-Verfahren gegen linke Personen und Strukturen, die zu nichts führten, außer der willkürlichen Beschneidung von Grundrechten. Die nun letzte großangelegte Hausdurchsuchungsaktion reiht sich ein und es scheint, als wolle die „Soko LinX“ diesen Trend fortsetzen. Selbstverständlich beweisen Polizei und Justiz mit jeder Hausdurchsuchung Stärke und Souveränität. Ob dies aber dem Wunsch nach Ermittlungserfolgen gerecht wird, darf zunächst angezweifelt werden. Wie in der Vergangenheit geht es auch jetzt wieder offensichtlich und maßgeblich darum, Linke und Antifaschist*innen auszuspionieren und zu terrorisieren – es soll eingeschüchtert und abgeschreckt werden.

In Zeiten des gesellschaftlichen Rechtsrucks, der Organisierung und Bewaffnung militanter Nazibanden, der mörderischen Verstrickungen zwischen VS und NSU, des Aufkeimens faschistischer Netzwerke in Militär und Polizei, sind die Aktivitäten der „Soko LinX“ bezeichnend für diesen Staat und seine Justiz und letztendlich zweifelsfrei eine gesellschaftspolitische Katastrophe.

Wir ordnen die Repression, von der wir nun betroffen sind, als einen Angriff auf Antifaschist*innen ein: Die Behörden lassen Faschist*innen gewähren, die serienmäßig Menschen ermordet haben oder noch vorhaben, dies zu tun. Wenn wiederum aber rechte Umtriebe Ziel antifaschistischer Interventionen geworden sind, steht das LKA in deiner Wohnung und beweist dir nachdrücklich, wie souverän die staatliche Autorität in diesem Land ist und wie es um deren Verhältnismäßigkeit bestellt ist.

Es reicht also aus, offenkundig links zu sein und sich antifaschistisch zu positionieren, um spontane, aber intensive Bekanntschaft mit dem Staatsschutz zu machen. Von „Angemessenheit der Maßnahme“, wie LKA und Staatsschutz es nennen, kann also mitnichten eine Rede sein.

In deutscher Tradition und insbesondere für Sachsen gilt: Die Rechten werden hofiert, die Linken drangsaliert.

Hier könnt ihr für die von Repression Betroffenen spenden:

Stichwort: Solidarität Zehn.Null.Sechs
Empfänger*in: Rote Hilfe Leipzig
IBAN: DE88 4306 0967 4007 2383 05

Solidarität Zehn.Null.Sechs

am 01. Juli 2020


Nun melden sich weitere Betroffene mit einem anderen Vorwurf zu Wort:

Am Morgen des 10.06.2020 um 06:00 Uhr, fanden in Leipzig mehrere Hausdurchsuchungen statt. Grund der Durchsuchungen an diesem Morgen waren verschiedene Verfahren. Dass die Durchsuchungen mit größerer zeitlicher Verzögerung zu den vorgeworfenen Taten und am selben Tag stattfanden, liegt möglicherweise an der Corona-Pandemie und den rückgängigen Infektionszahlen der letzten Wochen. Über Durchsuchungen im Leipziger Stadtteil Connewitz wurde bereits berichtet, hier fuhr die Polizei besonders groß auf. Das BFE Plus zusammen mit dem sächsischen LKA stürmte mit Maschinenpistolen im Anschlag mehrere Wohnungen[1]. Die Durchsuchungen in Connewitz blieben nicht unbeantwortet – am 10.06.2020 fand eine Demonstration gegen das Vorgehen der Bullen statt[2][3].

Bei einem der Verfahren wird den Beschuldigten vorgeworfen, Personen aus dem „rechten Spektrum“ angegriffen zu haben. Sie werden der Sachbeschädigung, gefährlichen Körperverletzung und des Diebstahls von KFZ-Kennzeichen beschuldigt.

Bei den Hausdurchsuchungen wurden Kommunikations- und, Speichermedien, Schriftstücke, Karten, Schlagwerkzeuge, Pfefferspray, ein Fahrrad und und eine schwarze Mütze gesucht. Die Beschlüsse galten auch für die Kraftfahrzeuge der Betroffenen. Beschlagnahmt wurde diverse Technik (Laptops, Handys, Mp3–Player), Speichermedien (USB–Sticks, Speicherkarten, externe Festplatten, CD’s), sowie Pfefferspray, Kopfbedeckungen, ein Messer, persönliche Briefe, Ausrüstung für Wassersport, Bargeld, ein Gummihammer, Handschuhe, Schutzwesten und Dokumente, wie alte Mietverträge.

Einige Beschuldigte wurden bei den Durchsuchungen nicht angetroffen. Bei dem angetroffenen Genossen gingen die Bullen brutal vor. So wurde er auf dem Boden fixiert, gefesselt, geschlagen und sein Gesicht für mehrere Minuten mit einem Tuch bedeckt, er blieb die gesamte Durchsuchung gefesselt. Auch das Kontaktieren eine*r Anwält*in war ihm erst nach einiger Zeit möglich. Auf das Eintreffen des Anwalts wurde nicht gewartet. Die Bullen brachten ihre eigene Zeugin in Form einer Staatsanwältin mit.

[1]https://www.mdr.de/sachsen/leipzig/leipzig-leipzig-land/hausdurchsuchungen-leipzig-connewitz-100.html
[2]https://de.indymedia.org/node/87510
[3]https://www.tag24.de/leipzig/nach-hausdurchsuchungen-steinwuerfe-und-pyrotechnik-bei-demonstration-in-connewitz-1543146
[4]https://perspektive-online.net/2020/06/hausdurchsuchung-gegen-linke-in-leipzig-1000-menschen-demonstrieren-durch-connewitz/

Hier könnt ihr für die von Repression Betroffenen spenden:

Stichwort: Razzia 1006
Empfänger*in: Rote Hilfe Leipzig
IBAN: DE88 4306 0967 4007 2383 05

am 03. Juli 2020


Hausdurchsuchungen stellen häufig nur eine Repressionsmaßnahme neben anderen dar. Vermeidet Spekulationen und Tratsch über Personen, Zusammenhänge und Aktionen. Organisiert euch, vernetzt euch und seid vorbereitet!

Vermeidet Spekulationen und Gerede – weder im Internet, am Telefon oder persönlich hilft das den Betroffenen! Dies hilft nur den Repressionsbehören!

Bleibt solidarisch!

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