Um den G20 begann der Feldzug der Herrschenden gegen die radikale Linke. So wurden im Vorfeld des Gipfels relevante Strafgesetze verschärft und im Nachhinein mit Inhaftierungen und öffentlichen Fahndungen, einem Ausbau polizeistaatlicher Befugnisse und Hetzkampagnen gegen die emanzipatorischen Bewegungen Stimmung gemacht.
In diesem Zusammenhang sind auch das Verbot von linksunten.indymedia.org und das angedrohte Verbot der Roten Hilfe e.V. zu verstehen. Das Innenministerium sprach bis jetzt 39 Vereinsverbote aus, das Verbot gegen linksunten.indymedia.org ist das erste aus dem Bereich „Linksextremismus“ (Das 1993 ergangene Verbot der PKK fällt in den Bereich „Ausländerextremismus“).
Im August 2017, rund ein Monat nachdem der G20 in Hamburg stattgefunden hatte, wurde linksunten.indymedia.org verboten.
Linksunten.indymedia.org war eine Plattform, auf der unzensiert und für jede*n zugänglich Artikel und Berichte veröffentlicht werden konnten und hat damit eine unabhängige und offene Berichterstattung gewährleistet. Linksunten.indymedia.org ist Teil des IMC-Netzwerkes, welches aus den Protesten gegen die Welthandelsorganisation 1999 in Seattle entstand, eine unabhängige Berichterstattung zum G8 in Genua gewährleistete und jahrelang wichtiges Informationsmedium der außerparlamentarischen Linken war. So wurden auf dem deutschsprachigen linksunten.indymedia.org zum Beispiel Infos veröffentlicht, welche zur Aufklärung des NSU beigetragen haben, während der Verfassungsschutz selbst seine Akten geschreddert und vertuscht hat.
Das Innenministerium verbot das Medium mittels eines Vereinsverbotes, welches bis dato nicht gerichtlich überprüft wurde, aber trotzdem nun schon seit eineinhalb Jahren faktisch vollstreckt wird. Dafür konstruierte das Innenministerium aus dem Nachrichtenportal einen Verein, welchen es dann mit der Begründung verbot, dass linksunten.indymedia.org „nach Zweck und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwider“ laufe und sich gegen die „verfassungsgemäße Ordnung“ richte. Aus den Ermittlungsakten ist ersichtlich, dass mindestens eine Person des Verfassungsschutzes im Umfeld von linksunten.idymedia.org aktiv war und an offenen Treffen teilgenommen hat. Als Beleg für die vermeintliche Feindlichkeit zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Nachrichten-Plattform dienten dabei 60 auf linksunten.indymedia.org veröffentlichte Beiträge. Ob und welche dieser 60 Artikel nun aus der Feder des Verfassungsschutzes selbst stammen, ist unklar. Daneben wurden Observationen, stille SMS, Kameraüberwachung, die geheime Beschlagnahmung von E-Mails und Briefpost sowie Autowanzen von den Repressionsbehörden verwendet, um unsere Genoss*innen auszuspähen. Das Verbot wurde bereits vor dem G20 vorbereitet, aber erst danach, als „die Zeit reif“ war, vollstreckt.
Weil das nicht schon ausreicht, fordert AfD-Chef Jörg Meuthen nun auch am 11.01.2019 ein Verbot von de.indymedia.org, einer weiteren deutschsprachigen IMC-Plattform.
Daneben wurden 2018 auch aus der CDU die Idee eines Vereinsverbotes der Roten Hilfe e.V. geäußert.
Als strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation hat die Rote Hilfe e.V. auch den Aktivist*innen aus der radikalen Linken immer wieder den Rücken freigehalten: durch Übernahme von Prozess- und Knast-Kosten, zahlreichen Beratungsangeboten zur Aktionsvor- und -nachbereitung, Informationen zum aktuellen Repressionsgeschehen sowie einer solidarischen und offensiven politischen Unterstützung in konkreter Repressionsfällen.
Ende November 2018 tat Horst Seehofer, CDU, kund, die Rote Hilfe verbieten zu wollen. So davor auch schon Armin Schuster, ebenfalls CDU und führender Innenexperte der Union im Bundestag sowie Vorsitzender des dortigen Kontrollmediums der Geheimdienste. Ob das Bundesinnenministerium solch ein Verbot tatsächlich anstrebt oder nicht, lässt sich nicht beantworten, da sich zu solchen Belangen generell nicht geäußert wird. Die taz hingegen schreibt am 06.12.2018 von tatsächlichen konkreten Überlegungen zu einem Verbot der Roten Hilfe.
Mit Antrag vom 12.12.2018 fordert auch die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt ein sofortiges Verbot der Organisation.
Antikommunismus und Zensur haben in Deutschland Tradition: Schon 1933 wurde die Vorgängerin des Roten Hilfe e.V., die Rote Hilfe Deutschlands, welche den antifaschistischen Kampf massiv stärkte, von den Nazis verboten, woraufhin diese bis zu ihrer Zerschlagung 1936 im Untergrund weiterarbeitete.
Eine Drohung gegen die Rote Hilfe als Ganzes in dieser Größenordnung gab es in ihren 43 Jahren seit Neugründung noch nicht. In der Vergangenheit wurden jedenfalls wiederholt gegen Einzelpersonen, die mit ihrer Solidarität und Mitgliedschaft in dem Verein offen umgegangen sind, gehetzt.
Dass sich die BRD nun auch dem Vereinsverbot als als Werkzeug der Repression gegen linke Strukturen bedient, ist Ausdruck eines vollzogenen Rechtsrucks und der bürgerlich-konservativen und rechtspopulistischen Forderungen der Parteien dieser Demokratie.
Die Stilisierung solcher Verbote als Erfolgsmoment ist Propaganda eines autoritären Systems, welches kritische Gegenpositionen um jeden Preis verbieten und Aktivist*innen einschüchtern will.
Linksunten.indymedia.org und die Rote Hilfe e.V. sind und bleiben wichtige Institutionen für die radikale Linke. Deswegen rufen wir alle Genoss*innen auf, ungeachtet etwaiger Verbote, Solidarität zu zeigen: Hier und überall, mit vielfältigen Aktionen und allen Mitteln.
Werdet Mitglied in der Roten Hilfe e.V.! So öffentlich, wie es euch möglich ist.
Macht Artikel, die auf linksunten.indymedia.org veröffentlicht worden, wieder sichtbar!
Macht eure Genoss*innen auf die Repressionen aufmerksam, disktutiert und agitiert!
Beteiligt euch an der Kampagne zum Tag (((i))), dem Samstag vor den Prozessen um linksunten.indymedia.org am Bundesverwaltungsgericht Leipzig!
Für eine freie und solidarische Gesellschaft!