Es kommt immer mal wieder vor, dass die Cops bei Großereignissen Demonstrant:innen in großer Zahl einkesseln und nicht in die Gefangenensammelstelle (Gesa) bringen, sondern über Stunden an einem Ort festhalten. Im Prinzip unterscheidet sich das nicht von einem Gewahrsam (teilweise wird es sogar „Freiluftgewahrsam“ genannt). Die Cops sparen sich dadurch den logistischen Aufwand alle Betroffenen in die Gesa zu bringen, gleichzeitig vereiteln die Cops damit die Entscheidung über die Fortdauer des Gewahrsams durch eine:n Richter:in. Die Polizei verstößt damit gegen Artikel 104 des Grundgesetzes.
Beispiele hierfür sind große Kessel im Rahmen der früheren Castor-Transporte oder der große Blockupykessel 2013 in Frankfurt am Main, wo die Aktivist:innen über viele Stunden eingekesselt blieben. Auch in Sachsen kam es in den letzten Jahren zu mehreren großen und lang andauernden Polizeikesseln,
Wenn du eingekesselt worden bist gibt es zwei Möglichkeiten, wie du dich verhalten kannst:
- Bleibst du im Kessel und tust nichts, so bist du hinsichtlich der Dauer des Kessels zwar der Willkür der Cops ausgeliefert, mit etwas Glück bleibt dir aber die Personalienfeststellung erspart. Die Rechtmäßigkeit des Polizeikessels wird in diesem Fall zwar nicht sofort gerichtlich überprüft, kann aber nachträglich mit einer Klage festgestellt werden.
Grundsätzlich gilt für den Polizeikessel, dass er genau wie der Gewahrsam in der Gesa unter menschenwürdigen Bedingungen stattfinden muss.
Das heißt, die Cops müssen Toiletten zur Verfügung stellen oder Toilettengänge aus dem Kessel heraus ermöglichen. Dauert der Kessel lange an, so müssen die Cops die Eingekesselten mit Essen und Getränken versorgen. Bei extremen Temperaturen müssen sie sich um Witterungsschutz kümmern. Auch im Kessel hast du ein Recht darauf, mit Ärzt:innen, Sanitäter:innen, Anwält:innen und Seelsorger:innen zu sprechen.
Muster (Antrag auf richterliche Überprüfung des Gewahrsams)
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