Euer Gericht hält uns nicht auf – Einstellung der Verfahren gegen eine Leipziger Anmelderin

Gefunden auf: https://de.indymedia.org/node/528327

Nach 5 Jahren wurden zwei Verfahren gegen eine Anmelderin nun endlich mit einer Einstellung durch Gericht beendet.   

Was war geschehen? Konkret wurden der Genossin Vorwürfe im Zuammenhang mit zwei Anmeldungen von Versammlungen in Leipzig gemacht. Der erste Vorwurf bezog sich auf die „Autonome Antirepressionsdemo“ unter dem Motto „Eure Gewalt hält uns nicht auf“ am 31.10.2020. Die Anmelderin soll erfolglos auf die Teilnehmer:innen eingewirkt haben, nachdem diese unter anderem Pyrotechnik abgebrannt und Steine auf Cops geworfen haben sollen. Laut Strafbefehl wollte man ihr dafür eine Geldstrafe von 2700 Euro aufdrücken. Die weiteren Vorwürfe bezogen sich auf die Kundgebung „Autonome Kiezdemo: Kampf den Faschist:innen in Uniform“ am 13.12.2020. Die ursprünglich als Demonstration geplante Veranstaltung war mit Bezug auf die Pandemieverordnungen auf eine ortsfeste Kundgebung beschränkt worden. Der Anmelderin wurde in der Folge dann vorgeworfen, nicht verhindert zu haben, dass sich aus der Kundgebung heraus Menschen trotz Auflagen in Bewegung gesetzt und dabei Pyrotechnik abgebrannt haben sollen. Außerdem warf die Staatsanwaltschaft ihr vor, sie hätte im Verlaufe des weiteren Abends eine Glasflasche in der Hand gehabt. Per Strafbefehl wollte man sie dafür mit 3150 Euro zur Kasse bitten.Die Genossin setzte sich dagegen zur Wehr und akzeptierte die Strafbefehle nicht (https://antirepression.noblogs.org/boese-post/strafbefehl/).

Wie ging es dann weiter? Was dann folgte, war ein mehrjähriger Rechtsstreit inkl. dem Versuch die Genossin in Gerichtsverhandlungen im August 2023 zum Aufgeben zu bewegen. (https://knack.news/6444) Doch die Genossin musste sich dem Verfahren nicht alleine stellen: Solidarisch wurde sie vor und im Gericht begleitet (https://knack.news/6575) und ließ sich nicht einschüchtern. Den Prozessbericht nebst der abgegebenen Prozesserklärung könnt ihr hier nachlesen: https://knack.news/6638 In der Zwischenzeit war der Staat nicht untätig: Es kam zu einer Verschärfung des Sächsischen Versammlungsrechts, flankiert von endlosen Hausdurchsuchungen der letzten Jahre, die Verbote mehrerer autonomer Demonstrationen oder die Repressionswelle rund um den Tag X.  Repression hat viele Gesichter. Da heißt es für uns: Gemeinsam zusammenstehen und unsere Genossin nicht alleine lassen – egal, wie lange sich das juristische Tauziehen auch schleppen mag!   

Was heißt die Einstellung genau? Nach dem Gerichtstermin im August 2023 passierte erst mal einige Zeit nichts Neues in dem Verfahren. Zwar wurde in der damaligen Hauptverhandlung angekündigt, das Gerichtsverfahren zeitnah fortzuführen, doch ließ das Amtsgericht mit neuen Verhandlungsterminen auf sich warten…Nach einigem Austausch zwischen den Verteidiger:innen und dem Amtsgericht folgte dann kürzlich das Angebot zur Einstellung gegen 3.000 Euro an einen Verein mit dem Ziel der Aufdeckung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Dieses Angebot wurde dann nach juristischer und politischer Abwägung angenommen. Durch die Einstellung gibt es keine eindeutige juristische Bewertung der vorgeworfenen Taten, weder als straffrei noch als strafbar. Die Frage, ob sich die Anmelderin strafbar gemacht hat, wird offen gehalten. Das ist nicht das beste Ergebnis, aber eine große Verbesserung gegenüber der Ausgangslage mit zwei Strafbefehlen und auch besser, als wennesim Gerichtsprozess die Strafbefehle bestätigt worden wären. Durch die Einstellung kann dieses Verfahren zukünftig nicht als Referenz herangezogen werden, um andere Anmelder:innen zu kriminalisieren.Auf der finanziellen Ebene ist die Einstellung auch eine Verbesserung. In der Ausgangslage mit den beiden Strafbefehlen stand eine Belastung von 5.850 Euro Strafzahlung an den Staat, nun sind es 3.000 Euro Spende an einen gemeinnützigen Verein. Ein Verteidiger wurde aufgrund der komplexen juristischen Situation als Pflichtverteidiger beigeordnet, seine Kosten trägt die Staatskasse.  

Unser Fazit Eine solche harte Repression gegen eine Anmelderin von Demos hat es so bisher in Leipzig nicht gegeben und war einigermaßen ungewöhnlich. Die Repression ist auch im Kontext einer zu dieser Zeit stattfindenden Verschärfung von Einschränkungen und autoritären Entwicklung im Umgang mit linken, emanzipatorischen, autonomen Versammlungen in Leipzig zu sehen. So wurden mehrere Demos in den Jahren 2021-2023 mit Hilfe von restriktiven Maßnahmen, wie u.a. Gefährder:innenansprachen, Stadtverbote, Kessel und Kontrollbereichen in weiten Teilen der Stadt verboten. (zB. am 23.10.21 https://kontrapolis.info/5660/) Hier hat es sich gelohnt, gegen die Strafbefehle vorzugehen und mit solidarischer Begleitung ein besseres Ergebnis zu erzielen. Solltet ihr auch von Repression betroffen sein, kontaktiert die Rote Hilfe, den EA oder andere Rechtshilfestrukturen, tauscht euch aus und sucht euch Unterstützung!

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